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Not macht erfinderisch

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„Das Glück beginnt bei den Füßen“, ist mein vager Gedanke, als ich vor Jahren mit bitterkalten Füßen auf einem zugigen Berliner U-Bahnsteig stehe. Noch 8 Minuten! Auf den Wegen in die Konzertsäle und Clubs dieser Stadt behelfe auch ich mich dann über Jahre mit einem zweiten Paar warmer Schuhe- immer verbunden mit dem Problem der Aufbewahrung am Veranstaltungsort.

Heureka! kommt auf dem Sofa. „Könnte ich nicht einen Schuh herstellen, der, über dünnen Absatzschuhen getragen, warm hält, vor allem gegen den Boden isoliert und am Ziel angekommen in den Manteltaschen Platz findet?“ frage ich mich mit Blick auf die warmen Hüttenschuhe an meinen Füßen.

„Warum nicht in die Hüttenschuhe eine Öffnung für die Absätze in die Sohle schneiden und sie einfach über die Pumps ziehen?“ Gut, die Idee bedürfte kleiner Modifikationen, beginnend mit der Sohle, soviel ist klar. Aber dafür muss es doch Fertigungsmöglichkeiten geben, Gummisohlen sind ja nun nicht neu.

Dinge, die dann doch länger dauern

Entgegen der ersten Annahme ist dies der Beginn einer jahrelangen Entwicklungsarbeit. Denn unsere Anforderungen sind hoch, soll der Überschuh doch über unterschiedlichste Schuhformen und Absatzhöhen passen, sich dem Fuß der Trägerin ideal anpassen, möglichst klein zusammenfaltbar sein und obendrein toll aussehen

„Uns“ sind mittlerweile meine Schwester und ich. Meine Schwester ist von der Idee sofort begeistert und nicht nur sie, auch Freundinnen und Kolleginnen kennen das Problem. Gemeinsam mit der freundlichen Sachbearbeiterin der IHK und der Mitarbeiterin des Patentamts spornen sie uns an, weiter an unserer funktionalen und schönen Lösung zu arbeiten.

Den Schnitt für den ersten Prototypen nehme ich im Jahr 2012 direkt von meinem Fuß samt Schuh ab.

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Die Entscheidung für Wollwalk als Obermaterial ist schnell gefallen. Zum einen wegen seiner herausragenden Wärmeeigenschaften, zum anderen, weil der gestrickte Walk nicht nur elastisch, sondern zusätzlich infolge des Walkens auch wasserabweisend ist.

Eigentlich sieht der erste Prototyp dem heutigen Überschuh schon sehr ähnlich. Beim genaueren Hinschauen jedoch ahnt man bereits die bevorstehenden Probleme. Die Sohle, hier noch aus Naturlatex und als Extrateil hergestellt, ist optimistisch mit Stecknadeln am Wollschaft festgesteckt. Eine geeignete Verbindung kann für professionelle Schuhsohlenhersteller doch kein Problem sein!

Und plötzlich ist man mittendrin

Die irritierende Aussage der Schuhexperten, unser Produkt entspräche „nicht dem Stand der Technik“ läßt uns kurzfristig an unserer Idee zweifeln. Nur langsam sickert in unser Bewußtsein, daß nicht der Überschuh nicht auf dem neuesten Stand ist, sondern vielmehr die Technik nicht in der Lage ist, unsere Anforderungen zu erfüllen. Tatsächlich bedarf es mehrerer eingehender Gespräche mit Sohlenherstellern bis hin zu Besuchen renommierter Hersteller von Maschinen zur Sohlenherstellung, um einzusehen, dass wir ein Produkt haben, für das es noch keine maschinelle Herstellungstechnik gibt.

Was ist die Aufgabe? Eine elastische Sohle so mit einem elastischen Schaftmaterial zu verbinden, dass sie sich trotz beidseitiger Flexibilität nicht vom Schaftmaterial lösen kann.

Und so beginnt unsere Reise durch die diversen Spezialinstitute und Forschungs-einrichtungen zu Materialentwicklung und Verfahrenstechnik. Wir lernen die neuesten Entwicklungen der Synthesekautschuktechnologie mit „Super-Grip“ kennen, sind beeindruckt von den Forschungen zu umweltverträglichen Bioelastomeren und bestaunen ausgeklügelte Maschinen für Sprüh- und Tiefziehverfahren. An dieser Stelle unseren besten Dank an alle, die uns einluden, um mit uns über die Umsetzung unserer Idee zu sprechen. Die Ansätze und Ideen klingen stets hoffnungsvoll. Lösen können sie die Aufgabe trotz einiger Versuche leider nicht.

Alles zurück auf Anfang

Und so kommen wir, wie so häufig im Leben, auf die erste Idee zurück. Naturkautschuk ist nicht nur ein natürlicher, nachwachsender Rohstoff, er kommt zum größten Teil auch ohne Chemie aus. Zudem können wir dieses Naturmaterial ohne großen Maschinenpark selbst verarbeiten. Und wie kommt man nun zur innigen Verbindung? Man taucht.

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Die ersten Modelle sehen dann auch bereits ziemlich gut aus und wir haben die Möglichkeit, ihre Tauglichkeit im harten Berliner Winter zu testen. Mit Erfolg. Es ist ein wunderbares Gefühl entspannt auch auf die verspätetste S-Bahn zu warten.  Die Freundinnen sind entzückt und so haben wir schnell dankbare Probandinnen.

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Nicht Schuh, nicht Textil

Was ist der hots?

Nach dem positiven Härtetest machen wir uns auf, die Überschuhe dem Schuhhandel vorzustellen. Dieser erweist sich jedoch als eher konservativ: „Schuhe sind aus Leder“. Problematisch auch der Preisaufschlag des Handels. Der Schuh wird viel zu teuer. Hochwertige Naturmaterialien, die Produktion unter guten Arbeitsbedingungen, teils händisch in meiner Werkstatt in Berlin, führen zu einem Herstellungspreis, den wir trotz Drehen und Wenden nicht auf ein Billigniveau bekommen.

Vielleicht könnte man aber ein preiswerteres Material finden? Wir besuchen die größte Messe zu technischen Textilien in Deutschland und spazieren mit unserem Wollwalk von ausgesuchtem Anbieter zu Anbieter. Unglaublich, welche Fähigkeiten die textilen Materialien mittlerweile aufweisen. Sie können Strom erzeugen, sensorgesteuert Abstand halten oder Medikamente an die Haut abgeben. Aber warm, elastisch und wasserabweisend? „Da haben Sie mit dem Wollwalk bereits die beste Wahl getroffen“ sagen uns Vertreter neuester Textiltechnologie. Na dann.

Ach ja, seinen Namen hat der Überschuh übrigens von einem befreundeten Perkussionisten des SunRa Arkestra in New York bekommen. Er findet ihn „hot!“.

Wir auch.

Wir beschließen, den Schuhhandel vorerst zu umgehen und den Kontakt zu unseren Kundinnen direkt herzustellen. Wieviel sind die potentiellen Kundinnen bereit für hochwertige, fair produzierte hots zu zahlen? Gibt es Interessentinnen für personalisierte Überschuhe? Wartet unsere Kundin 3-4 Wochen auf eine individuelle Anfertigung?

Mal wieder Fragen über Fragen- die wir nun versuchen auf Messen zu klären.

Wo Sie die Möglichkeit haben den hots zu probieren, erfahren Sie im Menü unter „aktuell“. Wir freuen uns auf Sie und Ihre Meinung.